Das Vogelwerk

Das "Vogel-Werk" und das naturalistische Wirken Mannlichs

Eine besondere Leidenschaft galt dem vielseitig interessierten Mannlich – inspiriert wahrscheinlich auch durch seinen Vater – der Naturgeschichte, vor allem was die Welt der Vögel anbelangt. In den herzoglichen Volieren und im “Naturalienkabinett” auf Schloss Karlsberg studierte er das Aussehen und Verhalten der dort gehaltenen Vögel und zeichnete in Gouache-Technik ornithologisch exakte Vogelbilder. Nach dem Brand des Schlosses im Juli 1793 und auf der anschließenden Flucht aus Zweibrücken begann Mannlich auch mit mythologischen, biblischen und historischen Vogeldarstellungen.

Er wollte einen umfangreichen Zyklus erstellen, der alle Ereignisse in der Heiligen Schrift und der Weltgeschichte umfasst, bei welchen Vögel eine besondere Rolle spielten. So sehen wir im Mannlich-Haus nebst zahlreichen weiteren Darstellungen den Raben und die Taube, die nach der Sintflut von der Arche ausgesandt wurden, oder auch den einzigartigen Kampf zwischen einem Gallier und dem römischen Legionär, der seinen Sieg einem Raben verdankte. Mannlich gelang mit seinen Gouachen des Vogelwerks eine eindrucksvolle plastische Darstellung der Körper, Motive, Inschriften und Reliefs, eine Technik die er auch bei der Gestaltung der Innenausstattung und der Bühnenbilder des 1775 in Zweibrücken erbauten Theaters anwenden konnte. Er widmete seine gemalte Kunstsammlung europäischer Vögel seinem Sohn Carl August Christian von Mannlich als “bleibendes und dauerndes Denkmal väterlicher Liebe”.

Kampf des Valerius Corvinus
Die Sintflut

Auch Johann Wolfgang von Goethe findet in seinem Schriftwechsel mit Mannlich Anerkennung und Bewunderung für dessen Vogeldarstellungen. Der Urururenkelin Mannlichs, Frau Leonie Francke, und ihren beiden Kindern ist es zu verdanken, dass die Zweibrücker Kulturgut-Stiftung Gehrlein-Fuchs seit 1986 zahlreiche Vogelbilder sowohl in der wirklichkeitsgetreuen als auch in der poetischen Darstellung zeigen kann.

Zweibrücker Buffon-Ausgabe

Als Residenzstadt war Zweibrücken zur Fürstenzeit auch ein regionales Zentrum des Buchdrucks. Die typografische Gesellschaft Sanson & Cie. veröffentlichte seit 1782 eine Miniaturausgabe der mehrbändigen epochalen naturkundlichen Enzyklopädie “Histoire Naturelle” des Pariser Botaniker und Zoologen Buffon und konnte hierzu J. C. von Mannlich zur Zeichnung der Abbildungen für diese Buffon-Ausgabe gewinnen. Inwieweit die einzelnen Darstellungen von Mannlich selbst oder aber von seinen Schülern gefertigt wurden, ist im Einzelnen allerdings nicht belegt. 

Das naturalistische Werk Mannlichs fällt in die Zeit der bedeutenden naturkundlichen Entdeckungen des Alexander von Humboldt (1769-1859). Von ihm und anderen Forschern wurden die Natur und ihre Abläufe sowie das Wirken ihrer Kräfte gerade erst entdeckt und wissenschaftlich erfasst. Sicherlich steht auch Mannlichs Wirken unter dem Eindruck dieser Erkenntnisse; jedenfalls ist es Ausdruck des Naturbegriffs des 18. Jahrhunderts, dessen künstlerische Darstellung eng im Zusammenhang mit den Meisterwerken der griechischen Antike und der möglichst detailgenauen naturalistischen Darstellung von Landschafts- und Tierstücken steht. In der Malerei dieser Zeit war die idealisierte Landschaft sowohl Lebensraum der – ebenfalls idealisiert – dargestellten Figuren, als auch poesiehaft inszeniertes Naturreich und Szenenbild.

Eisvögel
von Mannlich & Ehefrau Barbara
Gänsesäger

Auch in Mannlichs schon auf die Epoche der Romantik hinweisendem Selbstportrait mit seiner Ehefrau aus dem Jahr 1778, welches heute in der Villa Ludwigshöhe zu besichtigen ist und wovon sich eine Replik im Mannlich-Haus befindet, kommen all diese Aspekte zum Ausdruck. Auch Gemälde anderer Künstler dieser Zeit sind ganz ähnlich aufgebaut, so beispielsweise “Amor und Psyche” von Angelika Kauffmann (1792), die ebenfalls die großen Künstler der klassischen Antike studiert hatte. Das Werk Mannlichs kann als an seine Nachwelt und somit auch an uns gerichteter Fingerzeig gedeutet werden, nicht allzu sehr auf die Natur einzuwirken, sich keine ihrer Kräfte anzueignen und sie sich nicht  unterzuordnen, sondern vielmehr gleichberechtigt im Einklang mit der Natur in ihr zu leben.