Molitor-Gedächtnisstätte
Das Mannlich-Haus und die Molitors
Eigentlich ist der Begriff „Mannlich-Haus“ erst durch die Zweibrücker Kulturgut-Stiftung Gehrlein-Fuchs der breiten Öffentlichkeit vertraut geworden, zuvor war das Gebäude Herzogstraße 8 im örtlichen Sprachgebrauch eher als das Haus der Familie Molitor bekannt. Diese war nämlich von der Mitte des 19. bis ins 20. Jahrhundert Eigentümerin des stattlichen barocken Anwesens. Aus der Familie kamen bedeutende Persönlichkeiten, deren Wirken und Schaffen mit Folgen und Auswirkungen bis in unsere Zeit präsent sind. So ist das Mannlich-Haus sowohl eine Gedenkstätte für Johann Christian von Mannlich als auch für Ludwig Alois und Wilhelm Molitor.
Die Zweibrücker Geschichte der Molitors beginnt mit dem Appellationsgerichtsrat Joseph Alois Molitor (1775 – 1848), der bald nach 1800 aus Mainz nach Zweibrücken kam. Mit seiner Frau Aloysia geb. Mayer hatte er zwei Söhne, von denen der ältere, Ludwig Alois, Herausragendes in und für Zweibrücken geleistet hat, während der zwei Jahre jüngere Wilhelm in hohe kirchliche Ämter aufgestiegen ist. Beide waren musikalisch und literarisch hochbegabt und haben Beachtliches geschaffen.
Der in Zweibrücken geborene Ludwig Alois Molitor (1817 – 1890) studierte in München und Heidelberg Rechtswissenschaft und wirkte an den Gerichten seiner Heimatstadt, zuletzt als Appellationsgerichtsrat bzw. Oberlandesgerichtsrat. Er war es, der aus dem Mannlich-Haus das Haus der Familie Molitor machte. Mit seiner Frau Elise geb. Zott – sie hatten fünf Kinder – kaufte er 1857 das Anwesen und vergrößerte es 1881 um ein drittes Stockwerk.
Als Heimathistoriker, Komponist und Schriftsteller entfaltete er ein enormes Schaffen. Er komponierte 28 Werke, darunter eine „Missa Dominica“, ein Tedeum, ein Stabat mater, die „Auferstehungsmesse“ und eine Missa pro defunctis. Das Hauptwerk seiner 13 historischen und literarischen Arbeiten, die er teilweise selbst mit Zeichnungen illustrierte, ist die „Vollständige Geschichte der ehemals pfalz-zweibrückischen Residenzstadt Zweibrücken“. Unermüdlich setzte er sich für den Bau der ersten Heilig-Kreuz-Kirche ein, die – von 1869 bis 1879 entstanden – im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.
Ludwig Alois Molitor war Ehrenbürger der Stadt Zweibrücken und wurde mit dem Ritterkreuz I. Klasse des Verdienstordens vom Heiligen Michael ausgezeichnet. In Zweibrücken wurde eine Straße nach ihm benannt: die Molitorstraße. Sein Grab, er starb 1890, befindet sich auf dem Zweibrücker Hauptfriedhof.
Mit der Note „Vorzüglich“ im Abitur-Zeugnis verließ Wilhelm Molitor (1819 – 1880) das Zweibrücker Gymnasium, studierte in München und Heidelberg Jura und Philosophie und war dann Beamter im bayerischen Staatsdienst. Als er 1849 in der revolutionären Pfalz aufgefordert wurde, den Eid zu leisten oder zu demissionieren, verließ er den Staatsdienst und studierte Theologie, wobei er dem Rat seines Firmpaten folgte, dem Kölner Erzbischof Johannes von Geisel.
Im Sommer 1851 zum Priester geweiht, wurde er in Speyer bald Domvikar und bischöflicher Hauskaplan und schließlich Domkapitular, als solcher vor allem mit Kirchenrecht und Kunst befaßt. Er unterrichtete am Priesterseminar, war als bischöflicher Sekretär die rechte Hand des Oberhirten und nahm an den Bischofskonferenzen teil. Von Papst Pius IX. wurde ihm der theologische Doktortitel verliehen. Der Papst berief ihn auch nach Rom zur Vorbereitung des Vatikanischen Konzils, das dann wegen des Kriegs 1870/71 vorzeitig abgebrochen wurde. Zwei Jahre gehörte er als Abgeordneter auch dem bayerischen Landtag an.
Während all der Jahre reifte ein reiches schriftstellerisches und dichterisches Schaffen heran, wobei sich Wilhelm Molitor gerne auch der Pseudonyme Benno Bronner und Ulrich Riesler bediente. Seine Themen sind vielfältig: Heimatkunde und Kirchengeschichte, Zeitgeschehen, Theologie und Kunsthistorie, aber auch Gedichte, Lieder und vor allem Theaterstücke kamen aus seiner Feder. Weithin bekannt wurde er mit dem Roman „Die schöne Zweibrückerin“, mit dem Marienlied „O Königin voll Herrlichkeit“ sowie mit der Poeme-Sammlung „Domlieder“. Diese liegt in einer Neuauflage vor, die 2017 in Speyer erschienen ist.
Bei einer Visitationsreise mit dem Bischof entdeckte Wilhelm Molitor in der alten Kirche des pfälzischen Dorfs Boßweiler einen auseinandergenommenen mittelalterlichen Flügelaltar, der – sorgfältig restauriert – heute ein kunsthistorisches Juwel ist. Seine letzte Ruhestätte hat Wilhelm Molitor, der im Januar 1880 starb, auf dem Domkapitelsfriedhof in Speyer gefunden. Fast zwanzig Jahre zuvor hatte er für den 2006 selig gesprochenen Paul Josef Nardini die Trauerrede gehalten.